Am 15.01.2013 verkündete der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH ein Urteil (Aktenzeichen: XI ZR 22/12) betreffend das Recht einer privaten Bank, das Girokonto eines Unternehmens unter Einhaltung der in Nr. 19 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Banken 2002) vorgesehenen, mindestens sechswöchigen Kündigungsfrist ohne konkrete Gründe zu kündigen. |
| Die klagende GmbH, die Bücher und Zeitschriften mit zum Teil der rechten Szene zuzuordnenden Inhalten vertreibt, unterhielt seit 2006 bei der beklagten privaten Bank ein zu geschäftlichen Zwecken genutztes Girokonto. Die Bank teilte Ihrer Kundin im Sommer 2009 mit, sie sehe sich "aus grundsätzlichen Erwägungen" nicht mehr in der Lage, die Kontoverbindung aufrecht zu erhalten, und kündigte diese mit sechswöchiger Kündigungsfrist.
Mit seiner in beiden Vorinstanzen abgewiesenen Klage begehrte der Buchvertrieb die gerichtliche Feststellung, daß der Girovertrag fortbestehe. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gab den Karlsruher Bundesrichtern Gelegenheit, sich mit der Rechtslage zu befassen. Der bankrechtliche Senat des BGH stellte den das bürgerliche Recht beherrschenden Grundsatz der Privatautonomie in den Vordergrund seiner Bewertung des Falles. Aus dem bürgerlichen Recht lasse sich unter Beachtung dieses Grundsatzes keine allgemeine Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung herleiten. Deshalb oblag es der Bank nicht, eine Ungleichbehandlung der klagenden GmbH im Verhältnis zu anderen Kunden mittels einer Angemessenheits- oder Verhältnismäßigkeitsprüfung sachlich zu rechtfertigen. Auch die konkreten Umstände des Falles ließen aus Sicht des BGH keine Besonderheiten erkennen, welche die streitgegenständliche Kündigung des Girokontos als rechtsmißbräuchlich oder schikanös oder eine Kündigungsfrist von sechs Wochen als zu kurz bemessen erscheinen lassen. Zur Prüfung der Tatsachenfrage, ob ein ordnungsgemäß bevollmächtigter Mitarbeiter der Bank die Kündigung unterzeichnet hatte, gab der XI. Zivilsenat die Sache an das Berufungsgericht zurück.
Es ist erfreulich, daß der in anderen Rechtsgebieten heutzutage manchmal etwas zu kurz kommende Grundsatz der Privatautonomie vom BGH im Bankrecht fruchtbar gemacht werden konnte, um zu einer sach- und interessengerechten Entscheidung im Einzelfall zu gelangen. Die vergleichsweise geringen Unannehmlichkeiten, die ein Wechsel der Bankverbindung mit sich bringen kann, können von der Klägerin ohne weiteres hingenommen werden. Da für Sparkassen als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute engere rechtliche Vorgaben für die Ablehnung einer Kontoführung gelten, besteht wohl auch nicht die Gefahr, daß die Klägerin im Ergebnis ohne ein Geschäftskonto dasteht. | |
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